Web Rant zum Thema Cookie-Banner
Im Webdesign steht man ja vor dem Dilemma, dass im Bereich Cookies und Tracking momentan alles ziemlich schwammig und unklar ist. Wir leben in einer Umbruchzeit. Noch keine ordentlichen Gesetze in Deutschland, DSGVO schweigt, EU-ePrivacy kommt erstmal nicht, keine gut verständlichen Urteile bisher, keine klaren Ansagen. Was nun? Mehr hilft mehr? Manche Zeitgenossen aus der Beratungsbranche schüren gerade ziemlich Panik, grob gedroht oder mit „Risiko-Modellen“, und bieten im Web dann sogleich auch Ihre „Lösung“ an, natürlich kostenpflichtig und als Abo.
Viele Branchen leben (ziemlich gut) vom Datenschutz, das ist scheinbar eine Goldgrube. Klar rüsten man dort verbal gern auf, statt ab. Manchmal weiß man nicht einmal mehr, ob mancher externer Berater auf der Seite seines Kunden steht, oder in vorauseilendem Gehorsam das vorsichtshalber aus Selbstschutz das maximale Programm fährt. Stutzig wurden wir jedenfalls, als der Datenschutzbeauftragte eines Kunden den Einbau eines klobigen inhaltsüberfrachteten Cookie-Banners wünschte (natürlich die hauseigene kommerzielle Lösung), obwohl nur zwei Cookies gemessen wurden: der temporäre WordPress Session Cookie (notwendig) und den, den dieser Cookie-Banner sich selbst gesetzt hat.
Formulare Formulare
Nun kommt Neues aus dem EU-Land Dänemark: Dortigen Behörden (Behörden lieben Formulare!) kann der neue Cookie-opt-in Banner nun scheinbar gar nicht groß genug sein, um genaustens einstellen zu können, welche Rechte ich freigeben möchte, um dann mein gesuchtes Nudelrezept endlich lesen zu dürfen:
https://www.datenschutzbeauftragter-info.de/aufsichtsbehoerde-erklaert-viele-cookie-banner-fuer-rechtswidrig/
Der oben empfohlene Artikel (Feb. 2020) verweist auch auf das Privatsphären-Paradoxon: Uns Usern ist Datenschutz zwar wichtig und Google suspekt, wir wollen uns aber nicht damit auseinandersetzen, nicht über Cookie-Banner und nicht hinterfragen, ob die freizügige Nutzung von Google-Chrome, Google-Android, Google-Alexa, Facebook, Facebook-WhatsApp, Facebook-Instagram, Amazon, China-WeChat etc. wirklich eine so fabelhafte Idee ist.
Ein Dilemma ist auch, dass ein Webuser oft Entscheidungen über Cookies treffen muss, aber nicht mal weiß, ob sich die Zeit und Mühle lohnt, da die gesuchte Website hinter dem Banner verborgen ist. Vielleicht ist das Nudelrezept ja furchtbar. Warum dann dem User immer so einen Banner ins Gesicht knallen. Das stumpft doch ab. Vor allem: wie soll der User wichtig von unwichtig unterscheiden lernen, falls wirklich mal üble Zustimmungen eingeschmuggelt werden, wie das Usertracking seiner Lieblings-Schmuddelseite durch zwielichtige Werbenetzwerke. Wenn bei jeder Website „Drama“ ist, dann übersieht man die echte Gefahr und klickt irgendwann nur noch schnell auf den grünen „OK“ Button, wie eingeübt.
Für Otto-Normal-User sind die Banner jedenfalls oft nur noch lästig. Es gibt bereits Ad-Blocker, die den Cookie-Banner als „Web-Nerverei“ auf Wunsch gleich mit blocken. Bitte nicht missverstehen: Wir finden Datenschutz ein sehr wichtiges Thema, uns ist die Tiefe mit denen Google, Facebook und Co. Benutzer identifizieren und messen, suspekt, und kämpfen sehr für Verbesserungen. Aber was nützt ein Datenschutz-Tool wie ein Cookie-Banner für die Sache, wenn dieser keine Akzeptanz hat.
Leute: kommt mit besseren Lösungen, setzt nicht mit Brachialgewalt, Bußen und Strafen den erstbesten weltfremden Vorschlag um, und verspielt alle Sympathien der Betroffenen durch „Zwangsbeglückungen“. Wir sind gespannt, wie sich das weiter entwickelt und wie wirklichkeitsnah sich Gesetzgeber und Gerichte verhalten werden.
Nachtrag:
Wie verzwickt die Lage ist, wird deutlich, wenn man mal bei Google spaßeshalber sucht nach „Datenschutzbeauftragten“. Da sind doch die Kenner der Materie… Bei den gefundenen Anbietern findet man dann alle Varianten, der überladene Cookie-Banner, der schlichte, olle „Info“-Banner, aber oft auch gar keinen Cookie-Banner. Da alle diese Websites zumindest Content-Management einsetzen, sind zumindest SESSION Cookies vorhanden. Also noch nicht mal in der Branche und in eigenen Belangen herrscht Einigkeit und Klarheit.
Und ein anderer Blogbetreiber schaut nach, wie es denn momentan die Branchenriesen machen, immerhin sind Cookie-Banner noch kein deutsches Recht und schließt: „Panik Fehlanzeige! Panikmache Ja!“:
https://marketingstratege.net/dsgvo-cookie-hinweis-beispiele/
Im Mai wird ein erstes Urteil des BGH erwartet. Wir hoffen auf Common Sense – bitte nicht zu sehr auf Lobbys und Schlachtrufe hören, sonst machen wir das Web zu einem einzigen riesigen Formular.